Straftäter in Travemünde: Ein neues Grillverbot sorgt für hitzige Debatten und vermutlich auch bald für hohe Ordnungsgelder. Das miese “Grillen” soll verboten werden. Nicht nur auf der Liegewiese, was einst ein beliebter Treffpunkt für Familien und Freunde war, wird nun den Interessen der Ferienwohnungsbesitzer und gentrifizierten Fürsten, den erhabenen Wesen, geopfert. Auch am Strand und am Hundestrand ist Grillen ein entsetzliches Verbrechen. Laute Kinder und viel Müll kommen noch dazu – und das ist alles für die Eliten zu viel. Während die Einheimischen um ihre Freiräume kämpfen, genießen die temporären Bewohner ihren rauchfreien Luxus.
Angeführt von den Machern der Stadt, den woken Hipstern des Marketings, die weite Teile der Gesellschaft einfach hinten vor lässt, und einem Bürgermeister, der Spaß und Leben nicht kennt und tollpatschig neben den Feiernden steht, wird dieser Ort zum Negativen verändert. Ein weiterer Schritt in Richtung einer seelenlosen Stadt, die ihre Identität zugunsten der Wohlhabenden verliert.
Ferienwohnungsbewohner – jene temporären Herrscher, die kommen, um zu konsumieren und zu erobern, aber nicht, um zu bleiben oder gar ein Teil des Ganzen zu werden. Sie sind die flüchtigen Könige der Airbnb-Welt, die sich alles nehmen und nichts zurückgeben, während sie uns Einheimische in die Unsichtbarkeit drängen.
Sie schlendern durch unsere Straßen, als ob sie schon immer hier gewesen wären, und doch wissen sie nicht einmal, wie man “Guten Morgen” in der lokalen Bäckerei sagt. Sie belagern unsere Lieblingscafés und Restaurants, lassen die Preise steigen und die Authentizität verschwinden. Ihre Anwesenheit bringt einen Hauch von Glamour und Elitarismus in unser Viertel, aber hinterlässt eine Spur der Entfremdung und Verdrängung. Dieser “Glanz und Gloria” der Akteure zerstört unsere Welt, unsere Gemeinschaft. Ihr könnt aus Travemünde eben kein Monte Carlo machen, auch wenn der Drang nach Geltung noch so hoch ist. Euer Porsche hat 4 Auspuffrohre, aber ihr schreit vehement nach Ruhe. Bemerkt ihr eigentlich eure Idiotie, euer verblendetes Dasein?
Während sie sich in ihren perfekt inszenierten Instagram-Momenten sonnen, stehen wir im Schatten ihrer flüchtigen Aufmerksamkeit. Unsere Nachbarschaften werden zu bloßen Kulissen, Kulissen für ihre Vergnügungssuche, während wir, die ständigen Bewohner, die Mühen und Herausforderungen des Alltags meistern. Ihre Forderungen nach immer mehr Komfort und Annehmlichkeiten treiben die Mieten in die Höhe und zwingen viele von uns, unsere geliebten Heimatorte zu verlassen.
Sie betrachten unsere Städte als Freizeitparks, in denen man nach Lust und Laune ein- und ausgehen kann. Doch sie vergessen, dass hinter jeder malerischen Straße und jedem charmanten Café Menschen stehen, die hier leben, arbeiten und ihren Beitrag zur Gemeinschaft leisten. Während sie sich über die Authentizität und den Charme der “echten” Stadt freuen, entziehen sie genau diesen Städten die Lebensgrundlage,indem sie Wohnraum in kurzfristige Gewinnquellen verwandeln, vehement ihre Ruhe einfordern und den ganzen Ort mit Luxus-Forderungen überziehen, die ein freies Leben in dieser Stadt drangsaliert und einengt.
Ein paar Stunden Strand, eine Wurst mit Freude auf den Grill legen, Gemeinschaft erleben – diese einfachen Erlebnisse können diese Personen nicht verstehen.
Und dann ist da noch ihr Hund, das ultimative Statussymbol der gentrifizierten Elite. Diese Vierbeiner werden behandelt wie Könige, ihre Bedürfnisse über die der gesamten Gesellschaft gestellt. Sie dürfen auf dem Spielplatz herumlaufen, während Kinder an den Rand gedrängt werden. Sie hinterlassen ihre Hinterlassenschaften überall, und die Verantwortung zur Reinigung wird den Anwohnern aufgebürdet. Die Tiere genießen Luxus und Aufmerksamkeit, die für viele Menschen unerreichbar sind. Währenddessen wird der städtische Raum immer weiter privatisiert und zweckentfremdet, um den Komfort dieser Haustiere und ihrer Besitzer zu maximieren. Ironischerweise toleriert man am Hundestrand hohe Verunreinigungen durch die Tiere selbst, während der Grillrauch verpönt ist. Dabei würde Bello es sicher ziemlich cool finden, wenn seine ganze Umgebung nach etwas Leckerem riecht und nicht nach der Hundescheiße, die der Vorgänger aus Versehen liegen gelassen hat, weil er keine Plastiktüte dabei hatte. Barfuß am Hundestrand 2023 konnte man schlichtweg vergessen, so verdreckt war der Lieblingsort des verhätschelten Hundes der als Ersatz für Ehepartner oder Freunde dient und unerzogen am Strand wilde Sau spielt. Allerdings macht hier das Grillverbot kaum noch etwas aus; wer möchte schon gerne sein Schaschlik im Hundekackemuffelgeruch über dem Feuer zubereiten?
Wer wagt es noch, in den Parks zu grillen und das Leben zu genießen? Die Ferienwohnungsbewohner, die sich über den vermeintlichen Rauch und Lärm beschweren, dissen die Grillenden und nehmen ihnen die Freude an einer der letzten erschwinglichen Freizeitaktivitäten. Kinder und Jugendliche können sich nicht mehr frei entfalten, werden ständig ermahnt und zurechtgewiesen. Der öffentliche Raum, einst ein Ort der Freiheit und des Miteinanders, wird immer mehr zu einer Bühne für die temporäre Elite, während die Bedürfnisse und Rechte der ansässigen Bevölkerung ignoriert werden. Man muss sich unweigerlich die Frage stellen, ob diese gewählten Vertreter des Volkes auch noch für das Volk da sind, alle umfassen können oder wollen und vielmehr muss man muss sich fragen, ob wir nicht langsam in eine moderne Form des Miteinanders gelangen könnten. Wenn der feine, ebenfalls gentrifizierte Volksvertreter der Meinung ist, die Schönen und Reichen im Ort bedienen zu müssen, ist er möglicherweise auf dem falschen Weg. Denn dieser Personenkreis hat auch Kinder, die gerade heranwachsen und ihren Freizeitspaß in diesem doch sehr maritimen Flair genießen möchten.
Letztendlich sind die Ferienwohnungsbewohner, deren Eigentümer und die Eigentümer von selbstgenutzten Immobilien mit geringer Nutzung im Jahr die unsichtbaren Architekten einer neuen sozialen Landschaft, die von den Führungsriegen im Senat, in der Bürgerschaft und im Lobbykeller des Bürgermeisters nicht gesehen oder bewusst herbeigeführt wird – will man doch in der Wählergunst bleiben. Auch Wohnmobiltouristen und elitäre Tagesgäste tragen zur gesellschaftlichen Entwicklung bei. Diese Landschaft, in der die Kluft zwischen denjenigen, die sich das Privileg des Nomadentums leisten können, und denen, die an Ort und Stelle gebunden sind, immer größer wird. Sie hinterlassen uns eine Stadt, die zwar auf den ersten Blick glänzt, aber im Kern an Seele und Zusammenhalt verliert.
Und dann sind da noch zugereiste Politiker, die niemals den Bezug zu meinem und unserem einst liebevollen Ort auch nur ansatzweise nachvollziehen könnten und gerade die CDU glänzt nicht mit Menschen, die von hier stammen und Travemünde in der Kindheit erleben durften und sich lieber an den Wählerstimmen orientieren, als einen dauerhaft lebenswerten Ort zu schaffen.
Ja, sie kommen, um zu genießen und zu nehmen, doch was sie zurücklassen, ist eine leere Hülle, eine Stadt ohne Herz. Und während sie weiterziehen, bleibt uns die Aufgabe, die Scherben aufzusammeln und den Geist unserer Nachbarschaften wiederzubeleben.
Zu diesem Thema passt auch wieder die Wohnraumsituation in unserem Ort. Während die Preise für Wohnungen ins Unermessliche steigen und immer mehr Einheimische verdrängt werden, blüht das Luxusleben der Ferienwohnungsbewohner auf. Doch hinter den schicken Fassaden und den perfekt inszenierten Urlaubserlebnissen verbirgt sich eine schleichende Gefahr: die emotionale Verwahrlosung der sogenannten gentrifizierten Fürsten. Diese temporären Herrscher, die unsere Viertel erobern, ohne sich zu integrieren, hinterlassen eine Spur der sozialen Kälte und emotionalen Zerstörung.
Doch zurück zum Thema des leidigen “Grillens”: Menschen, die für ein paar Stunden die Last der Woche auf der Liegewiese vergessen wollen und eine unbeschwerte Zeit genießen möchten. Diese Gemeinschaft leidet, während der Bürgermeister, welcher meistens schneller spricht als er denkt, untätig zusieht, und der Kurdirektor seinen öligen, einparfümierten, edlen Kopf abwendet. Selbst der Kurdirektor gehört inzwischen zu den Besseren und stellt die Interessen der Wohlhabenden über die der Einheimischen. Die Stadt, einst ein Ort des Miteinanders und der lebendigen Nachbarschaften, wird zusehends zur Bühne für die elitären Eskapaden der Ferienwohnungsbewohner. Kinder und Jugendliche, die einst frei in den Parks spielten und die Freuden des Grillens genossen, werden zunehmend an den Rand gedrängt und ihrer Freiräume beraubt.
Wer hat nicht als Kind versucht, ein Stockbrot zuzubereiten und dabei das Gefühl des unendlichen Abenteuers erlebt? Die Weite, die Freiheit – man war eine Art Trapper, sah sich den Gefahren der Wildnis ausgesetzt und hatte nun für drei Minuten das sichere Gefühl, etwas zu essen zu bekommen.
Es sind nicht nur die Verwalter der Stadt, die wegschauen. Auch ein Teil der Bürgerschaft, jene fein gekleideten Wählersammler von CDU und Grünen, trägt ihren Teil dazu bei. Mit wohlklingenden Versprechungen über Nachhaltigkeit und Fortschritt applaudieren sie den Veränderungen, die das Herz unserer Stadt zu zerstören drohen. Dabei vergessen sie die wahren Bedürfnisse der Menschen, die hier leben und arbeiten. Der Mensch am Strand darf nicht grillen – bei den Grünen liegt das am Feinstaub. Doch in den Gärten der gentrifizierten Könige der Stadt, den CDU-Wählern, bleibt das Grillen weiterhin erlaubt. Nachhaltige Idiotie und das Bedienen der Wählerklientel in seiner reinsten Form.
Doch nicht nur das “Grillen” steht im Fokus. Shishas sollen ebenfalls verboten werden. Irgendwie wird die Situation jetzt grotesk, insbesondere dass Sicherheitsdienste den Grünstrand bewachen sollen. Eine Art Denunziationstruppe, die die Verstöße an die Ordnungsbehörden weiterleiten und dafür ihren Stundenlohn abrechnen können. Hier werden die Verbote jetzt auch noch monetarisiert, und in der Folge kann man sich fragen, inwieweit an jeder Ecke in Travemünde irgendwelche Sicherheitsaspekte, durch muskelbepackte Wachleute durchgesetzt werden, die auch nur ihr Geld verdienen wollen, dem Gesamtbild des Kurortes dann irgendwann einmal abträglich sind. Wir haben allmählich Angst vor der Sicherheit und ein freien, unbeschwerten Tag zu haben ist kaum noch möglich, weil man entweder von einem mürrischen Rentner angemotzt wird oder von einem Wachmann darauf hingewiesen wird, das die eigene Existenz hier in diesem Ort nur dann erwünscht ist, wenn man brav im Gleichschritt mit den anderen über die Promenade flaniert. Selbst die relativ konservativ eingestellte Lübecker Nachrichten hat dazu eine Meinung.
Überdies ist das Rauchen einer Shisha keinesfalls mit dem Cannabisgesetz zu verbinden, handelt es sich doch um den Genuss von Tabak. Dennoch sehen CDU-Politiker gleich Clan-Kriminalität und marodierende Horden von Messerträgern durch Travemünde ziehen. So müssen der dicke und der dünne CDU-Politiker natürlich eingreifen, denn diese Wähler dürfen der CDU nicht verloren gehen. Blöde nur, wenn der grüne Abgeordnete am Strand sein Pfeifchen durchziehen will. Da kann so eine fragile Koalition schnell unter Druck geraten, aber am Ende werden die Grünen sich wieder einmal dem großen Koalitionspartner unterwerfen und der dominierenden Partei gefügig folgen. Die ganze Debatte um “Grillen” und “Shishas” zeigt uns die ganze Dramatik der gesellschaftlichen Entwicklung auf. Reich gegen Arm ist der Tenor in dieser Debatte, Leben und Leben lassen geht hier nicht mehr.
Doch am Horizont türmen sich ein paar kleinere Gewitterwolken auf. Die Bürgerschaft, der Bürgermeister und der Innensenator werden schon bald einsehen müssen, dass ihre gentrifizierte Normalität auch Grenzen hat. Spätestens während der Travemünder Woche wird das Grillverbot teilweise aufgehoben werden müssen, es sei denn, der elitäre Fürst der Travemünder Woche erklärt die Liegewiese, den Grünstrand sowie Teile des Brüggmanngartens und der Tornadowiese zu Privatbesitz. Das mag für die Entscheider gut funktionieren, denn so können sie sich aus der Misere ziehen. Allerdings wird der Innensenator dann erklären müssen, weshalb die erwarteten Strafgelder für das Grillen während der Travemünder Woche nicht beigetrieben werden können. Im Grunde genommen haben sie sich damit gerade selbst ein Ei gelegt, auch wenn es momentan noch nicht so aussieht, wie es oft bei vielen anderen Entscheidungen der Fall ist. Die Damen und Herren der Travemünder CDU und die Grünen sind eben Politiker, die sich kaum für die Anliegen der Bürger interessieren und ihre Entscheidungen oft halbherzig treffen, ohne die gesamte Gesellschaft angemessen einzubeziehen.
Wenn geschätzten 3000 Seglern und Sportlern, die einer weltweit namhaften Veranstaltung für das Seebad Travemünde angehören, ein Grillverbot auferlegt wird, dann “Guten Hunger” in den überteuerten Hipster-Bratwurst- und Burgerbuden. Welt Ahoi wird dann einen kleinen Kratzer in der Reputation des Seebades nach sich ziehen.
Die emotionale Verwahrlosung der Ferienwohnungsfürsten, den besseren Reichen unserer Gesellschaft – jene erhabenen Wesen, die sich in ihren gläsernen Türmen verschanzen und herabsehen auf das gemeine Volk – zerstört unsere Gemeinschaft von innen heraus. Es ist höchste Zeit, dass wir uns erheben und für den Erhalt unseres Zusammenhalts kämpfen. Denn eine Stadt ohne Seele ist nichts weiter als eine leere Hülle, die im Glanz der Oberflächlichkeit von Marketing-Hipstern angeführt verblasst.
Noch ist eine Entscheidung nicht gefallen, und vielleicht findet ein ehrenwerter Politiker aus der Koalition der kalten Herzen seine Ehre wieder und entscheidet sich nicht für Koalitionszwang, sondern für Gemeinschaft und das Leben, unter Berücksichtigung der Situation, dass ein Tag in Travemünde für alle erschwinglich und möglich sein muss.